Meine Position zum Thema Prostitution und dem Nordischen Modell
- johanneswagnerma05
- vor 7 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Prostitution ist einer dieser politischen Grenzfälle, bei denen mehrere Interessen aufeinanderprallen: Da ist das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper, mit dem sie machen können soll, was sie möchte. Gleichzeitig ist da aber auch der Schutzauftrag des Staates für Menschen, die aus verschiedenen Notlagen heraus alles tun, um an Geld zu kommen und dabei Gewalt und Zwang ausgesetzt sind.
Es ist nicht abzustreiten, dass die aktuelle Gesetzeslage zu massiven Missständen in der Sexarbeit führt. Viele Frauen, die aktuell Sexarbeit in Deutschland anbieten, kommen aus dem Ausland und entscheiden sich nicht aus freien Stücken für diese Arbeit. Gleichzeitig gibt es aber auch Frauen, die ganz selbstbestimmt diesem Beruf nachgehen und das auch weiter tun möchten.
Wir brauchen neue gesetzliche Regelungen
Wir Grüne fordern schon lange, dass sich dringend etwas ändert – der Status quo ist nicht akzeptabel. Dabei muss das Ziel im Mittelpunkt stehen, vulnerable Frauen besser zu schützen und gegen Gewalt und Ausbeutung vorzugehen. Gleichzeitig müssen wir die Rechte von Sexarbeiter*innen stärken und die legale Arbeit sicherer machen. Das hat auch die dreijährige Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes der GroKo bestätigt.
Das nordische Modell bietet nicht die Lösung
Die Forderung nach dem Nordischen Modell kann in meinen Augen aber keine Lösung bieten und ist höchstens ein Beitrag zur Debatte über eine Reform. Studien aus Ländern, die diesen Weg gegangen sind, zeigen, dass sich unter anderem der Zugang zu Gesundheitsversorgung verschlechtern kann. So belegt eine kanadische Studie, dass nach Einführung des nordischen Modells die Wahrscheinlichkeit, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, um 41 % sank. Sexarbeiter*innen meiden präventive Angebote und die Behandlung sexuell übertragbarer Infektionen aus Angst vor Stigmatisierung.
Zudem zeigt die Forschung aus Schweden und Norwegen, dass ein Teil der Sexarbeiter*innen unter Kriminalisierung verstärkt im Verborgenen arbeitet. Das führt zu weniger Zeit für Sicherheitschecks bei Kunden und zum Verlust sicherer Arbeitsstrukturen. Die Gefahr von Gewalt und Zwang nimmt mit dem nordischen Modell also noch zu. Auch während Corona, als Sexarbeit in ganz Deutschland offiziell verboten war, gab es viele Berichte von verborgener Prostitution, teilweise unter schlimmen Bedingungen.
Konkrete Maßnahmen für Schutz und Selbstbestimmung
Zunächst muss jetzt die vorgelegte Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes sorgfältig ausgewertet werden. Dafür warten wir schon seit Wochen auf die Einsetzung der Expert*innenkommission. Wir fordern, sie mit ausgewogenem Fachpersonal zu besetzen und selbstverständlich auch Sexarbeiter*innen einzuladen. Die Regierung muss mit ihnen anstatt nur über sie reden.

Worauf es mir ankommt: Wir dürfen nicht den Fehler machen, Symbolpolitik über wirksame Schutzmaßnahmen zu stellen. Ein Sexkaufverbot wäre nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand ein solcher Fehler. Es würde Sexarbeiter*innen in den Untergrund drängen, sie isolieren und den Zugang zu Hilfe massiv erschweren. Wer gegen Ausbeutung vorgehen will, muss für Rechte und Sicherheit von Sexarbeiter*innen kämpfen – nicht gegen sie.
Wir brauchen jetzt konkrete Verbesserungen in der Sexarbeit in Deutschland. Dazu zählt eine Reform der Anmeldepflicht. Bisher führt eine Anmeldung zu Stigmatisierung, mehr Angst und Problemen. Das schreckt viele ab. Zusätzlich benötigen wir regelmäßig Kontrollen von geschultem Fachpersonal, die Menschenhandel und Zwangsprostitution auch sicher erkennen. Niedrigschwellige vertrauliche und stigmatisierungsfreie Gesundheitsangebote und flächendeckend unabhängige Beratungsstellen sind außerdem essenziell für die Versorgung. Die Regierung sollte diese Maßnahmen umsetzen, anstatt Sexarbeit zu kriminalisieren. Für den Schutz und die Selbstbestimmung von Sexarbeiter*innen in Deutschland.






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